Neues zur Zensur im Internet

Heute um 11.00 Uhr fand die Bundestagsanhörung zum Gesetzesentwurf „zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen“ statt. Mit durchwachsenem Ergebnis. Während die CDU/CSU meintDie Anhörung hat das grundsätzliche Ziel von Ministerin von der Leyen und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bestätigt„, sehen das andere an der Anhörung Beteiligte anders. Beispielsweise der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco: „In ihrer überwiegenden Mehrheit waren die zur heutigen Anhörung geladenen Sachverständigen so wie wir der Ansicht, dass das von den Koalitionsfraktionen eingebrachte Gesetz gravierende Mängel hat und so nicht beschlussreif ist.

Der Hintergrund: Familienministerin Ursula von der Leyen will mit so genannten Internetsperren gegen die Verbreitung von Kinderpornografie vorgehen. Wir hatten ja an dieser Stelle schon darauf aufmerksam gemacht, dass wir den Gesetzentwurf für problematisch halten.

Er öffnet der Zensur im Internet Tür und Tor, ohne die Kinder – und darum geht es – vor Mißbrauch tatsächlich zu schützen oder die Verbreitung von Kinderpornografie zu verhindern. Denn die geplanten Internetsperren lassen sich mit den allergeringsten Internetkenntnissen umgehen. Sie bereiten jedoch den Boden für zukünftige Sperrungen vor. Wie zum Beweis dieser These wurden auch schon Forderungen nach weiteren Sperrungen laut. Man fragt sich unwillkürlich, wo das enden soll?

Um es nochmals klipp und klar zu sagen: Wir sind explizit für härtestes Vorgehen gegen Kindermißbrauch, glauben jedoch, dass die Internetsperren nicht das geeignete Mittel sind! Vielmehr sollten vor allem die entsprechenden Webseiten vom Netz genommen werden.

So sieht das auch der „Arbeitskreis gegen Internetsperren und Zensur“. Er hat im Vorfeld der Anhörung bewiesen, dass die Argumentation der Internetsperren-Befürworter, die Inhalte liessen sich nur mit erheblichem Aufwand entfernen, ins Leere laufen. Eine simple E-Mail-Anfrage (nach Auswertung von Sperrlisten diverser europäischer Staaten) bei betroffenen Providern führte dazu, dass diese innerhalb von zwölf Stunden 60 kinderpornografische Webauftritte gelöscht haben. Ein wesentlich wirkungsvolleres Verfahren, als das Vorschalten einer leicht zu umgehenden Sperrseite.

Ein anderer Aspekt des geplanten Gesetzes hat sogar konkrete Auswirkungen auf jeden Einzelnen insbesondere aber auch für Firmen. Denn auch wer versehentlich auf einer „gesperrten“ Seite (rotes Stoppschild) landet, muss mit Konsequenzen rechnen. Dazu Hendrik Wieduwilt in der FAZ:

Missbrauchsmöglichkeiten sind zahlreich: Wer jemandem Schaden zufügen will, kann ihn auf eine gesperrte Adresse locken, etwa über einen harmlos wirkenden Link in einer Mail oder über ein Schadprogramm. Ganze Internetangebote ließen sich so mit einem vergifteten Verweis sabotieren. Und wer ungewollt zum Stoppschild gelangt, könnte gravierende Folgen zu tragen haben: ein schwer korrigierbares Stigma und eine Ermittlungsakte bei der Staatsanwaltschaft. Diese Argumente nähren zumindest Zweifel daran, dass die Sperre verhältnismäßig ist. Es lohnt, sie sorgfältig zu wägen.

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