Reaktionen zu „Scrum: Der Anfang vom Ende?“

Mein letzter Blog-Beitrag über den „Anfang vom Ende von Scrum“ hat einige bemerkenswerte, meistens zustimmende Reaktionen hevorgerufen. Danke für die vielen, fundierten Wortmeldungen. Besonders interessant finde ich den Kommentar von Dave Prior, dem ProjectWizards-Statthalter in den USA. Er sagt, dass das mit Scrum so ähnlich ist, wie das Entdecken ein tollen Indie-Band, die man nicht mehr so richtig genießen kann, nachdem sie vom Mainstream entdeckt und populär geworden ist. Der Reiz des Besonderen ist weg und dann fangen die Diskussionen und das Infragestellen an (meine Interpretation).

Aber zurück zum agilen Projektmanagement: Mir gefällt Daves Einwand sehr gut, dass ja gerade das tolle an Scrum & Co. ist, dass es eben so viele Diskussionen darum gibt. Zu Recht fragt er, wann beispielsweise das letzte mal über den „kritischen Pfad“ im traditionellen Projektmanagement diskutiert wurde? Stimmt! Man kann Dave auf jeden Fall zustimmen, dass Scrum und die anderen agilen Methoden so lange lebendig sind. so lange sie mit solcher Vehemenz diskutiert werden.

Nichts desto trotz bleibe ich bei meiner Meinung, dass man versuchen sollte die Lehre rein zu halten, was keines Wegs heißt, dass man sie nicht weiterentwickeln darf. Im Gegenteil. Nur sollte man die initiale Idee eben nicht verraten.

Klar ist jedenfalls, dass wir an diesem Thema dran bleiben.

Scrum: Der Anfang vom Ende?

Boris Gloger, Scrum-Promoter und Berater der ersten Stunde, hat auf seinem Blog einen lesenswerten Beitrag über die (negative) Entwicklung rund um das agile Management bzw. Projektmanagement veröffentlicht. Ich bin auf den Beitrag sofort angesprungen, weil Boris gleich zu Beginn meinen Lieblingsautor in Sachen Wirtschaftbücher zitiert, nämlich Tom Peters. Ich finde dessen Bücher „Re-Imagine“ und „The Circle of Innovation“ nach wie vor mit das Beste, was es zu diesem Thema auf dem Markt gibt. (Tipp: unbedingt auf Englisch lesen! Deutsch funktionieren diese Bücher nicht.)

Aber zurück zu Scrum: Boris sagt, und da bin seiner Meinung:

Wir haben ein Problem. Scrum wird selbst zum Establishment.

Und weiter:

Was ist passiert, dass plötzlich Mike Cohn in einem seiner letzten Posts schreibt, dass Stundenschätzungen vollkommen in Ordnung seien. Ich meine, wir versuchen seit Jahren von dem Fluch der Aufwandsschätzungen weg zu kommen.

In der Tat, Scrum und Co. scheinen mir auf dem Weg zu sein, ihre Wurzeln zu verraten. Anstatt, dass Unternehmen den Wert dieses wertvollen und vielfach erprobten Tools erkennen und sich darauf – aller Ängste zum Trotz – einlassen, versuchen einige Wortführer Scrum an den Mainstream, sprich die vermeintlichen Bedürfnisse traditionell gesteuerter Unternehmen, anzupassen und es dabei arg zu verbiegen. Dabei ist ja der Witz einer agilen Methode gerade der, dass sich eben nicht jedes Projekt von Anfang an in Zahlen pressen oder penibel planen lässt.

Ich bin der Meinung, dass dieses „Alles planen wollen“ genau das ist, woran speziell die deutsche Wirtschaft krankt. Wir haben hier kein Apple, kein Google, kein Facebook, noch nicht einmal eine innovative und damit weltweit erfolgreiche Film-Industrie, weil wir unsere Fachleute nicht einfach machen lassen wollen. Statt dessen wird versucht alles von A bis Z zu planen, mit dem Ergebnis, dass sowohl Innovation, als auch (Produkt-)Emotion auf der Strecke bleiben.

Vollkommen richtig konstatiert Boris:

Scrum ist das einzige mir bekannte Werkzeug, das uns dabei hilft, die humanistischen Ideen darüber, wie Menschen in modernen Organisationen arbeiten sollten, in die Organisationen zu tragen. Scrum ist daran orientiert, worum es geht: Leistung und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.

Womit wir wieder einmal bei einem meiner Lieblings-Themen, nämlich der Motivation gelandet wären.

Website und iPhone-App für Scrum-Interessierte

Scrum Kompakt Timer (iPhone-App)Mit Scrum Kompakt gibt es jetzt eine schön gemachte Anlaufstelle für alle Scrum-Einsteiger. Übersichtlich gestaltet, und versehen mit guten Erklärungen finden alle Scrum-Fans und solche die es werden wollen alle notwendigen Informationen über die am weitesten verbreitete agile Projektmanagement-Methode. Und das Beste: Die Seite ist in komplett auf Deutsch gehalten. Angesichts des Überangebotes an entsprechenden englischsprachigen und Websites ist das sehr lobenswert.

Noch besser: Es gibt auch eine kostenlose iPhone-App (App-Store-Link). Diese zeichnet sich unter anderem durch einen Timer und ein sehr schön gemachtes Planning Poker. Damit sollte die nächste Aufwandsschätzung zum Kinderspiel werden. Und ja, auch in der App gibt es die wichtigsten Scrum-Infos zum Nachschlagen.

Agile und schlanke Projektmanagement-Methoden auf dem Vormarsch? (Update)

Zugegeben, Mitte Mai ist es ein wenig spät um über die Trends im Projektmanagement für 2010 zu sprechen. ProjectSmart tut es dennoch. Das ganze wäre nicht der Rede wert, wenn mir nicht einer der postulierten Trends besonders ins Auge gestochen wäre: „Agile and Lean Processes are Overtaking Waterfall“.

Darauf bin ich aber gespannt. Keine Frage, agile und schlanke Projektmanagement-Methoden sind auf dem Vormarsch, in der Software-Entwicklung sind sie sogar schon defacto Standard. Aber im gesamten Projektmanagement? Wohl kaum!

Ich stelle mir gerade die Heerscharen von Projektverantwortlichen in deutschen mittelständischen Unternehmen vor, wie sie ihren Stakeholdern und Projektteams Iterationen, Userstories, und Kanban-Kärtchen nahe bringen…

Verstehen sie mich nicht falsch. Ich bin ein großer Freund von Scrum, Kanban und Co. Aber ich kenne auch deutsche Unternehmen und ich weiß, wie schwer sie sich mit modernen Management-, Arbeits- und Kommunikations-Methoden tun. Für agiles Projektmanagement dürfte das sogar besonders gelten, bricht es doch mit eingefahrenen Hierarchie-Strukturen. Wo kämen wir hin, wenn rangniedere Team-Mitglieder plötzlich selbst bestimmen dürften, was und wie sie es bewältigen? Aber ich lasse mich gerne überraschen…

Update: Eine schöne Bestätigung meiner Bedenken habe ich heute auf dem Projekt-Log gefunden. Dort wird ein Fall beschrieben, bei dem ein 40-Seitiges! Papier mit dem Titel „Product Backlog Sprint 1“ zum Einsatz kam. Und warum? Weil offenbar der Auftraggeber noch traditionell denkt und deshalb mit einem richtigen (und bei weitem kompakteren) Sprint-Backlog nicht s anfangen kann.