Formale Methoden und Erwartungs-Management in Projekten

Das beliebteste Thema in angelsächsischen Projektmanagement-Publikationen und Blogs scheinen mir Listen mit Gründen für das Scheitern von Projekten zu sein. So auch wieder mal auf dem von mir eigentlich geschätzten ProjectSmart-Blog, wo man dieses mal gleich 15 Gründe ausgemacht hat. Darunter sind wie immer die üblichen Verdächtigen, von der dürftigen Zieldefinition bis hin zu fehlerhaften Zeit- und Ressourcen-Einschätzung.

Zwei Gründe allerdings finde ich bemerkenswert:

  • Keine Anwendung formaler Methoden und Strategien„. Darüber lässt sich trefflich streiten. Ich kenne Menschen, die noch nicht einmal auf die Idee kämen sich Projektmanager zu nennen, die aber dennoch Projekte von beklemmender Komplexität unter höchstem Zeit- und Ressourcendruck problemlos und ohne jegliche formale Methode oder Strategie stemmen. Beispielsweise in der Gastronomie oder im Sozialwesen. Und wo bleibe die Innovation (siehe beispielsweise agiles Projektmanagement) wenn alles streng formal abliefe?
  • Wirklich gut und den einen oder anderen Gedanken wert finde ich den Grund „Ungenügendes Erwartungs-Management„. Tatsächlich ist das etwas, auf das man als Projektmanager meiner Meinung nach besonderes Augenmerk richten sollte. Denn häufig ist es doch so, das ein Projekt „überverkauft“ (also sehr optimistisch angepriesen) werden muss, damit es vom Management grünes Licht erhält. Das weckt natürlich Erwartungen, die am Ende unter Umständen nicht erfüllt werden können. Mit dem Ergebnis, dass das Projekt als gescheitert betrachtet wird, obwohl es sehr gut seinen geplanten Zweck erfüllen würde. Und wie verhindert man das? Natürlich durch eine saubere Zieldefinition und eine beständige und ehrliche Kommunikation mit den Stakeholdern.

Immer diese Stakeholder…

Das Gute am Bloggen ist, dass man ab uns zu auch seinen eigenen Frust los werden kann. Wenn es um Projekte und Projektmanagement geht, sind bekanntlich Stakeholder mein Frustfaktor Nr. 1. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich habe nichts gegen den Stakeholder an sich. Für sich genommen sind das häufig ganz nette Menschen. Doch treten sie im Rudel auf, dann degeneriert ihr kognitives Leistungsvermögen sehr schnell auf die Intelligenzebene eines Casting-Show-Publikums. Damit können sie ein mit Elan gestartetes Projekt binnen eines einzigen Meetings vollkommen grundlos zum Stillstand bringen.

Gerade habe ich wieder so einen Fall. Es geht um ein Marketing-Projekt bei einem Logistik-Dienstleister, das von der zuständigen Abteilung als absolut notwendig erachtet wird und schon vor längerer Zeit problemlos das Go der Geschäftsleitung bekommen hat. Aus mir unerfindlichen Gründen habe ich es aber zugelassen, dass auch Abteilungsleiter angrenzender Bereiche mitreden dürfen. Ich dachte mir halt, viel hilft viel und man kann ja nie wissen, wessen Unterstützung man im Projektverlauf benötigen wird.

Was ich nicht bedacht habe ist, dass dieses Projekt in seiner Wirkung und Funktionsweise nur dann verstanden wird, wenn man entsprechendes Fachwissen mitbringt. Das haben in diesem Fall leider die meisten Stakeholder nicht. Sie sind hervorragende Techniker und Verkäufer, aber neue Formen des Marketings sind ihnen nicht nur fremd, sondern offenbar auch suspekt.

Jetzt ist es natürlich nicht so, dass es nicht im Vorfeld genug vorbereitende Präsentationen, Konzeptpapiere und belastbares Zahlenmaterial gegeben hätte. Aber wer hat schon Zeit sich diese vor einem Meeting nochmals zu Gemüte zu führen…? Und so artet fast jedes Meeting in eine Erklärbär-Session aus, anstatt dass substantielle Entscheidungen getroffen werden.

Verstehen Sie mich nicht falsch! Es ist eine wesentliche Aufgabe des Projektmanagers die Stakeholder bei Laune zu halten und sie zu Fürsprechern des Projektes zu machen. Aber wenn man zu viele Stakeholder hat, dann kann so eine Aufgabe nahezu unlösbar werden. Aber Besserung ist in Sicht: Die Osterferien stehen vor der Tür und damit die Urlaubszeit. Gut möglich, dass dadurch das Projekt ein ganzes Stück voranschreiten wird… 😉

Präsentation: Web 2.0, Social Media und Projektmanagement

Gerade dachte ich mir, dass mal wieder ein Beitrag in Richtung Social Media und Projektmanagement fällig wäre. Und während ich noch meine diesbezüglichen Gedanken sortiere, läuft mir ein Tweet von Nina Braschler über den Weg. Und siehe da, es geht um eine Präsentation mit dem Thema Erfolgreicher Einsatz von Web 2.0 im Projektmanagement. Das wird mir zwar meinen Beitrag nicht ersparen, aber zumindest sind jetzt schon mal die Grundlagen abgedeckt. Sehens- und Nachdenkenswert: Weiterlesen

Das Team vor Stakeholdern schützen

Gmail-Logo (Grafik: Google)Auf der SXSW Interactive (gesprochen South by South-West) traf sich vom 12. bis 16. März die Internet- und Web-2.0-Branche. Unter den vielen Vorträgen gab es auch einen mit Verantwortlichen des Google-E-Mail-Dienstes Gmail.

Product-Manager Todd Jackson brachte dabei ein wunderbares, aber nicht ganz jugendfreies Zitat zu Gehör:

You can either be a shit funnel or a shit umbrella.

Eine Ãœbersetzung spare ich mir. 🙂

Was er damit aber gemeint hat ist: Als Team-Verantwortlicher muss man seine Kollegen vor den herein prasselnden Ansprüchen, Wünschen und Anweisungen der Stakeholder schützen, damit sie sich auf ihre eigentliche Aufgabe konzentrieren können.

Der Hintergrund bei Gmail ist dabei, dass Google als Eigentümer natürlich ein riesiges Unternehmen mit zig Führungskräften ist. Und vermutlich meint jeder mitschwätzen zu dürfen. Gleichzeitig gibt es Druck von den Usern. Immerhin mehrere hundert Millionen! Gmail ist der drittgrößte E-Mail-Anbieter der Welt und bietet seinen Dienst in immerhin 53 Sprachen an. Das Gmail-Team selbst besteht dabei aus lediglich rund 100 Personen, verteilt über den ganzen Erdball. Darunter auch Zürich.